DIE REZEPTION MACHT FRüHER FEIERABEND: DIE HOTELSTERNE-BEWERTUNG BEUGT SICH DEM FACHKRäFTEMANGEL

Wer sich schon einmal gefragt hat, wie Hotels ihre Sterne bekommen: Es gibt einen langen Katalog, der jedes Kriterium regelt. Hüter dieses Katalogs ist die Hotelstars Union – ein Zusammenschluss von 21 europäischen Branchenverbänden, die sich auf gemeinsame Werte verständigen. Alle fünf Jahre werden die Kriterien überarbeitet.

Nun ist es wieder so weit. Die Hotelstars Union, bei welcher die Schweiz 2009 Gründungsmitglied war, hat am Mittwoch in Budapest die neuen Kriterien für Ein- bis Fünfsternehotels vorgestellt. Sie gelten von 2025 bis 2030. Jedes Detail wird behandelt – von der Bettgrösse bis zur Hotelbar. So ist eine Hotelbar bei Vier- und Fünfsternhotels obligatorisch. Bei Letzteren muss sie sogar sieben Tage die Woche in Betrieb sein.

Für die nächsten fünf Jahre wurde der Katalog jedoch ein wenig gestrafft. Neu gibt es noch 239 Kriterien statt wie bisher 247. So müssen zum Beispiel Näh- oder Schuhputzzeug nicht mehr zwingend in den Zimmern bereitgestellt werden.

Bemerkenswert ist vor allem, dass die Hotels sich selbst mehr Flexibilität beim Einsatz ihrer Mitarbeiter verschaffen. Denn der Fachkräftemangel ist europaweit ein Problem im Gastgewerbe. Das schlägt sich nun auch in der Hotelbewertung nieder.

Mehr Flexibilität

«Wir haben in der Hotellerie nicht nur einen Fach-, sondern einen Arbeitskräftemangel. Solche Massnahmen helfen, die Hotels zu entlasten», sagt Thomas Allemann, Geschäftsleitungsmitglied des Verbands Hotelleriesuisse sowie Vorstandsmitglied bei der Hotelstars Union.

«Früher haben wir verlangt, dass eine Rezeption von morgens um 8 bis abends um 8 durchgängig besetzt ist. Das bringt aber nicht viel. Die meisten Leute reisen vor 11 Uhr ab, und die neuen Gäste kommen ab 15 Uhr», sagt Allemann. Nun könne man die Rezeption auch von 8 bis 12 öffnen und danach ab 15 Uhr wieder. Das gibt den Betrieben mehr Möglichkeiten bei der Einsatzplanung für ihre Angestellten.

Jedes Kriterium im Hotelstars-Katalog ist Punkte wert. Je mehr davon ein Hotel sammelt, desto höher ist die Zahl der verliehenen Sterne. Ein Dreisternehotel muss zum Beispiel 270 Punkte vorweisen können, ein Viersternehaus sogar 410.

Es gibt aber auch Mindestanforderungen für jede Sternenkategorie. So muss ein Fünfsternehotel weiterhin eine 24-Stunden-Präsenz am Empfang haben. Wer sich ein Luxushotel leiste, habe Anspruch auf diesen Service, so die Auffassung der Hoteliers.

Aber bereits bei Viersternehotels muss die Rezeption nur noch 14 statt wie bisher 16 Stunden am Tag besetzt sein. Ein Dreisternehotel hat neu die Wahl: an 10 Stunden pro Tag einen Mitarbeiter im Hotel für den Empfang bereitzustellen. Oder aber: dies nur noch 8 Stunden pro Tag zu tun, dafür aber einen Online-Check-in und -Check-out zur Verfügung zu stellen, der rund um die Uhr genutzt werden kann.

Rein automatisierter Betrieb möglich

Bei Hotels der Ein- und Zweisternekategorie ist ein rein automatisierter Betrieb ohne Hotelangestellte vor Ort neu auch zulässig. Es muss allerdings zu jeder Zeit eine Person entweder telefonisch oder online erreichbar sein.

Nach dem Corona-Schock ist die Reisetätigkeit wieder hoch, und die Hotels sind gut gebucht. 2023 übernachteten fast 42 Millionen Menschen in Schweizer Hotelbetten – ein neuer Rekord. Ein Problem, das aber fast alle Betriebe betrifft: Sie könnten problemlos mehr Leute beschäftigen, finden aber keine. Die neue Hotelleriesuisse-Präsidentin Nicole Brändle sagte in einem Interview mit den Zeitungen von CH Media diese Woche, der Fachkräftemangel beschäftige sie am meisten.

Es ist verständlich, dass die Hotels deshalb vermehrt auf digitale Lösungen setzen. Gleichzeitig ist es ein heikler Spagat: Gäste empfinden solche Massnahmen schnell als Serviceabbau. Ausserdem muss die Hotelstars Union darauf achten, keinen übermässigen Investitionsdruck auf die Hotels aufzubauen.

«Wir versuchen immer, gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen gerecht zu werden. Gleichzeitig müssen wir schauen, dass wir unsere Mitglieder nicht überfordern», sagt Thomas Allemann.

In der Schweiz sind rund 2000 Betriebe dem offiziellen Sternesystem angeschlossen (siehe Tabelle). Hotelleriesuisse sieht vor, ab 2025 jedes Jahr ein Drittel der Betriebe neu zu bewerten. Bis 2027 sollten folglich alle Schweizer Hotels nach den derzeitigen Kriterien eingestuft sein.

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