WEIHNACHTEN: ES GEHT SCHON WIEDER LOS

Es wird immer schlimmer. Die Sache mit Weihnachten. Plätzchen schon im November waren der Anfang, aber mit ihnen war natürlich noch lange nicht Schluss. Oben am Nordpol scheint der Weihnachtsmann seine Elfen immer zeitiger an die Rührgeräte, Knetmaschinen und Backöfen zu treiben. In diesem Jahr haben die ersten Kekse es schon Ende September in die Supermärkte geschafft, da war die Kundschaft kaum aus den Sommerferien zurück.

Nun sind endgültig auch die Blumen dran. Früher und üppiger als in den vergangenen Jahren prunken die Lieblingspflanzen der Adventszeit und der Weihnachtstage vielerorts schon in den Blumenläden. Die rotblühende Amaryllis ist am weitesten verbreitet und war als erste zu sehen. Aber auch Töpfe mit Christrosen und Weihnachtssternen sind derzeit häufig anzutreffen. Letztere gibt es selbstverständlich nicht mehr nur im klassischen Rot, sondern im Jahr des Kinoerfolgs von „Barbie“ mehr als sonst auch in Rosa.

Es war nicht anders zu erwarten. In Gärtnereien war der saisonale Austausch schon immer üblich, in Läden, in denen man Geschenke kauft, ebenso. Kaum ist der Valentinstag vorbei, wird für Ostern dekoriert, kaum haben die Osterhasen ihre Eier gelegt, geht es um Sommer, Sonne und den Urlaub am Meer. Im Herbst steht ein paar Wochen lang Halloween bevor, anschließend läuft alles, kaum sind die Geister vertrieben, auf das Fest der Geburt Christi zu, der mit besonders viel Schund und Tinnef gedacht wird. Noch halten sich in Deutschland Reste einer christlichen Protestkultur, die den Weihnachtszauber erst nach dem Totensonntag aus der Kiste holt. Aber vergeblich. Am Weißen Haus in Washington hängen schon jetzt Adventskränze in sämtlichen Fenstern.

Im Blumenladen am Hamburger Hauptbahnhof gibt eine Verkäuferin offen Antwort. „Mir gefällt das auch nicht“, sagt sie beim Blick auf die mit Glitzer bestäubten Weihnachtssterne und die Amaryllis-Kisten voller Stängel mit Blüten in drei Farben. Und während man sich noch fühlt wie Diogenes, der mit der Laterne in der Hand loszog, um eine ehrliche Verkäuferin zu suchen, und sich über das gefundene Belegexemplar freut, sagt sie: „Aber es wird verlangt.“ In der Tat. Der Mensch ist wie ein deprimiertes Haustier, dem man frisches Spielzeug hinwirft. Immerhin tragen die Hamster und Meerschweinchen weihnachtlich dekorierte Mützchen.

2023-11-20T18:55:56Z dg43tfdfdgfd